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15.09.2020

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Interview mit Herr Charles Roulet

Was haben Vielfältigkeit, Rituale und das Füttern von Hühnern und Katzen gemeinsam? Ist im Zeitalter der Emanzipation ein Herrenclub noch zeitgemäss? Diese und weitere interessante Ansichten von Herr Charles Roulet, ein Erbe des Gründers des Zürcher fünf Sternehotels Baur au Lac.

Charles Roulet – ein äusserst humorvoller, weitgereister und positiv denkender Mann, der nichts aus der Fassung zu bringen scheint. Im Gespräch erzählt Charles Roulet über sein Leben und welche Kraftquellen er immer wieder erlebt beim Jonglieren zwischen Familie, Hotelbetrieb und dem Neubauprojekt des Geschäftshauses Rosau.

Herr Roulet, Sie haben als einer der Erben des Gründers des Zürcher fünf Sternehotels Baur au Lac die Familientradition weitergeführt und haben in verschiedenen Ländern der Welt gearbeitet. Nach Ihrer erfolgreichen Hotelier-Laufbahn in Grossbritannien, Asien und Nordamerika sind Sie wieder zurückgekehrt. Was und nach wie vielen Umzügen hat es Sie wieder in die Schweiz gezogen?

Nach 17 Jahren, sieben Umzügen und sechs Destinationen war meine Mutter der Grund für meine Rückkehr. Ihr ging es zu dieser Zeit gesundheitlich nicht gut, weshalb ich mich dafür entschied, wieder in die Nähe der Familie zurückzukehren.

Im Jahr 1991 haben Sie von der Familie Kracht das fünf Sterne-Grandhotel Excelsior Hotel Ernst in Köln übernommen und führten es ab 2006 als Besitzer selber. Konnten Sie Ihre Visionen, welche Sie bei der Übernahme hatten, umsetzen?

Während meiner Zeit im Ausland durfte ich besonders im Bereich der Gäste- und Reisebetreuung dazulernen. Mit meiner neuen Freiheit als verantwortlicher Delegierter des VR und später als operativer Direktor und Besitzer konnte ich meine Ideen und Erfahrungen der letzten Jahre einbringen und einen internationalen, innovativen und doch traditionellen Führungsstil einbringen.

Unter der Devise «Tradition & Innovation» wurde im Jahr 2007 mit den Renovationsarbeiten begonnen. Das Kölner Grand Hotel steht nach einer zehnjährigen Umbauzeit für eine moderne technische Ausstattung und traditionelles Ambiente, welche zusammen eine perfekte Symbiose ergeben.

Nebst diversen Mandaten sind Sie heute hauptsächlich als Immobilienentwickler tätig. Wie schwierig ist es, die verschiedenen Aufgaben unter einen Hut zu bringen bzw. wo fühlen Sie sich am wohlsten?

Das Paket der Vielfältigkeit macht mich glücklich. Obwohl meine Tage unglaublich vielseitig sind, beginnen sie grösstenteils mit demselben Ritual, dem Füttern meiner Hühner und Katzen. Hier kann ich den Tag in aller Ruhe beginnen und meine Gedanken sammeln. Tradition hat auch das gemütliche Kaffetrinken mit meiner Frau. Ab 8.00 Uhr geht’s dann los mit meinen geschäftlichen Aktivitäten. In all den Jahren habe ich gelernt, Prioritäten zu setzen. Ich fokussiere mich auf den Moment und schöpfe damit sein volles Potenzial aus.

Nebst dem Excelsior Hotel Ernst führen Sie den wohl renommiertesten und diskretesten Herrenclub Villa Rosau, welcher in Anlehnung an die englischen Herrenclubs konzipiert wurde. Ist im Zeitalter der Emanzipation ein Herrenclub überhaupt noch zeitgemäss und bestehen allenfalls bereits Pläne, inskünftig auch Frauen aufzunehmen?

Zu diesem Thema werden rege Diskussionen geführt. Die Tür der Villa Rosau steht offen für Frauen. Die Räumlichkeiten des Hauptrestaurants empfängt seit Jahrzehnten weibliche Gäste zum Mittag- wie auch zum Abendessen. Die Raucherlounge stand jedoch bislang strickt der Herrenwelt zu. Das Privileg des Herrenclubs soll weitergeführt werden, zukünftig jedoch offen für Änderungen sein, um die Damenwelt noch offener empfangen zu können, als dies heute bereits geschieht.

Das Geschäftshaus Rosau soll zusammen mit der denkmalgeschützten Villa Rosau bis Frühjahr 2020 fertiggestellt sein und verfügt nebst Büroräumlichkeiten über ein Restaurant sowie zwei Wohnungen. Auf was für ein Restaurantkonzept dürfen wir uns freuen? Was war rückblickend die grösste Herausforderung bei diesem Immobilienprojekt?

Es wurden diverse Restaurantkonzepte geprüft. Freuen dürfen Sie sich aber nun auf «Eat, Light & Fire». Inspiriert haben mich die Grillrestaurants während meinen Reisen um die Welt. Weshalb wir uns nun entschieden haben, tagsüber Take-Away Grillspezialitäten mit saisonalen und marktfrischen Salaten und ab 15.00 Uhr eine Tapas Bar mit kleinen Köstlichkeiten und ausgewählten Weinen anzubieten. Der Grill brennt den ganzen Tag. Begleitet wird das Restaurant von einem mobilen Betrieb, von welchem saisonale Köstlichkeiten wie Raclette, Suppen, Berliner, etc. angeboten werden. Die Vielseitigkeit soll auch hier im Vordergrund stehen.

Und die grösste Herausforderung bei diesem Immobilienprojekt? Das war zweifelsohne die Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege, bei welcher unzählige historische Details erhalten und gleichzeitig auf den neusten Stand gebracht werden mussten.

Wie finden Sie die Balance zwischen Familie, beruflicher Engagements und Freizeit und wo schöpfen Sie Ihre Energie?

Meine Energie schöpfe ich aus der Natur, der frischen Luft und der Zeit mit meiner Familie und meinen Tieren. Als «mitten in der Nacht Aufsteher» nutze ich zudem auch die ruhigen Nacht- und Morgenstunden um Ideen entstehen zu lassen und kreative Lösungen zu finden.

Trotz erreichtem Pensionsalter legen Sie die Füsse alles andere als hoch! Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?

«Lacht» Wenn ich das wüsste! Der Gedanke daran, nichts mehr tun zu können, macht mir Angst. Die konstanten Projekte und Baustellen halten mich jung und aktiv. So bleiben meine Gedanken immer in Schuss. Mein Traum ist es, aus dem wunderschönen Berggasthaus Baldern etwas zu machen, woran sich Naturliebhaber und Kulinariker erfreuen und die Zeit dort geniessen können. Die Konsolidierung und Übergabe der verschiedenen Projekte an meine Familie ist mir wichtig und soll ebenfalls in nächster Zeit schrittweise vorbereitet werden. Momentan führt meine Tochter die Finanzen und meine beiden Söhne übernehmen schrittweise die Gastronomie. Die jüngste Tochter studiert noch, wir werden sehen, wo sie sich einreiht. So hoffe ich, dass weitere spannende Aufgaben folgen, bei denen ich meinen kreativen Input sowie meine Erfahrung einbringen kann.

Herr Roulet, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.